Tipps für Bauleiter für den richtigen Umgang mit den Beteiligten und eine konfliktarme Bauabwicklung

© Wolfram Oehms

Mit diesen 20 Tipps sorgen Sie für eine reibungslosere Baustelle, reduzieren Konflikte und Frustration und tragen so zum Erfolg des Bauvorhabens bei.

Nr. 1: Trotz der Rauheit der Baustelle sollte man seinen Mitmenschen stets mit Höflichkeit und Achtung begegnen. Grüßen Sie alle Bautätigen deutlich vernehmbar, entschuldigen Sie sich, wenn sie einen Termin nicht einhalten konnten, leiten Sie Ihre Forderungen mit einem Bitte ein, sprechen Sie Ihren Gesprächspartner möglichst mit Namen an. Werden Sie nicht laut, zornig oder lehrmeisterhaft und kritisieren Sie niemanden vor seinen Untergebenen.

Nr. 2: Als Bauleiter kritisieren Sie oftmals die Arbeit anderer. Dies wird das Selbstwertgefühl des Kritisierten immer beeinflussen. Auch wenn er es nicht zeigt, empfindet er vielleicht Verärgerung oder Scham und reagiert ggf. mit Widerstand. Vorangegangener Stress kann die Aggression freisetzen. Zwar können Sie dies nicht ändern, aber Sie können versuchen, solches Verhalten zu verstehen und sein Zustandekommen mit Ihrer Reaktion berücksichtigen.

Nr. 3: Müssen Sie deutliche Kritik an der Leistung anderer üben, so tun Sie dies möglichst unter vier Augen. Achten Sie darauf, dass keine anderweitigen Tätigkeiten nebenher ausgeübt werden, und dass direkter Blickkontakt möglich ist. Schildern Sie den Sachverhalt ohne Unterstellungen oder überflüssige Belehrungen. Vergleichen Sie den Ist-Zustand mit dem Soll-Zustand und legen Sie die erforderlichen Maßnahmen fest. Notieren Sie das Ergebnis in Stichworten.

Nr. 4: Um bei erforderlicher Kritik den anderen nicht sofort in eine Abwehrhaltung zu treiben, kann man mit anerkennenden Worten beginnen. Machen Sie ihm klar, dass unter diesen Umständen (Termindruck, Wetter, Enge, Pläne unklar, Lieferprobleme) jedem so ein Fehler unterlaufen könnte. Teilen Sie ihm mit, dass im Großen und Ganzen die Arbeit völlig in Ordnung ist. Äußern Sie Ihr grundsätzliches Vertrauen in seine Leistung.

Nr. 5: Jeder möchte in einer Auseinandersetzung derjenige sein, der Recht behält. Darum gesteht es niemand gerne ein, dass er sich geirrt hat, zumal dies oft als Nachgeben und damit als Schwäche ausgelegt wird. Einen einmal bezogenen Standpunkt aufzugeben stört die Selbstachtung. Lassen Sie Ihrem Gegenüber daher die Möglichkeit, sein Gesicht zu wahren. Dies gilt um so mehr, wenn andere anwesend sind.

Nr. 6: Damit bei notwendigen Korrekturen Ihr Gegenüber das Gesicht wahren kann, können Sie versuchen ihn die Korrektur selbst herausfinden zu lassen, indem Sie ihn nur an das Problem heranführen: "Ich lese diesen Plan folgendermaßen... wie verstehen Sie das Detail hier?" Hierdurch lassen Sie den Fehler gering erscheinen und dramatisieren nicht gleich das Ausmaß der Folgen, so dass der andere nicht entmutigt wird, sondern künftig weitere Misserfolge vermeidet.

Nr. 7: Anordnungen, die den Betroffenen zu einem Mehraufwand veranlassen sollen, brauchen Durchsetzungskraft und Autorität. Dies kann durch Persönlichkeit, Auftreten, Fachwissen und Erfahrung erreicht werden. Werden Minderungen der Zahlung angedroht, kann dies schnell kontraprodutiv sein. Auch kann das Bewilligen von Mehrkosten in diesem Fall problematisch sein, es wirkt zwar möglicherweise zunächst unterstützend, kann aber schnell zu einem Anspruchsdenken führen und den anderen dazu animieren, immer wieder Mehrkosten geltend zu machen.

Nr. 8: Gespräche über Privates, Intimes oder Witzeleien können die Autorität reduzieren. Es kann eine kumpelhafte Atmosphäre entstehen, die bei der Durchsetzung von Forderungen hinderlich ist. Verhalten Sie sich lieber zurückhaltend und reserviert und vermeiden Sie das Duzen. Lehnen Sie größere Einladungen stets ab (natürlich ist eine Tasse Kaffe kein Problem).

Nr. 9: Auf Bildung und akademische Grade kann man zurecht stolz sein. Auf der Baustelle müssen Sie sich aber auf Ihre Gesprächspartner einstellen. Wenn Sie verstanden werden wollen, versetzen Sie sich in den Verständnishorizont Ihres Gegenübers. Passen Sie Sprache und Inhalte daran an, denn für akademische Betrachtungen haben Ihre Gesprächspartner möglicherweise wenig Verständnis.

Nr. 10: Sprechen Sie langsam und in kurzen, einfachen Sätzen. Halten Sie dabei Blickkontakt zu der angesprochenen Person. Weisen Sie niemanden an, der herumläuft, arbeitet oder Sie nicht ansieht. Versteht Ihr Gegenüber Sie nicht, wiederholen Sie das Gesagte in aller Ruhe. Sie können dabei die Wahl der Worte variieren, um so die Möglichkeit zu nutzen, das Gesagte in anderer und besserer Form zu vermitteln, als bei dem zuvor erfolglosen Versuch.

Nr. 11: Ist eine Diskussion unvermeidlich, verzichten Sie auf Formulierungen, die den anderen herabwürdigen: "das macht man schon seit Jahrzehnten nicht mehr", "Sie haben es immer noch nicht verstanden", "Ich erkläre Ihnen das jetzt schon zum dritten Mal" oder "Ich weiß schon, was Sie sagen wollen". Damit schaffen Sie eine Stimmung des Widerstandes. Stattdessen wollen Sie aber, dass der andere für Ihre Argumente offen ist.

Nr. 12: Wiederholen Sie Ihre Forderungen, ohne dabei ungehalten oder gar wütend zu werden. Trainieren Sie die Fähigkeit, keine Rechtfertigungen, Begründungen oder Entschuldigungen für Ihre Forderungen zu nennen. Versuchen Sie die Gewohnheit abzulegen, auf jede Frage antworten zu müssen oder sonst wie zu reagieren. Ignorieren Sie alle äußeren Impulse, die Sie vom Thema abbringen können.

Nr. 13: Sprichworte wie "der Klügere gibt nach" haben andere Ihnen von klein auf beigebracht, damit möglichst oft Sie derjenige sind, der nachgibt. Wer Ihnen dieses Verhalten beigebracht hat spekulierte darauf, möglichst nicht selbst derjenige zu sein, der nachgeben muss. Als Trost für das Nachgeben und den Verlust an Selbstachtung dürfen Sie sich dann als der Klügere bezeichnen.

Nr. 14: Wenn fremdsprachigen Bautätigen in Anbetracht Ihrer Anweisungen plötzlich die Deutschkenntnisse verloren gehen, scheuen Sie sich nicht davor, auf einen deutschsprachigen Ansprechpartner zu bestehen. In Deutschland ist die Amtssprache Deutsch. Brechen Sie die Kontrolle ab und untersagen Sie die Weiterarbeit, bis Sie einen deutschsprachigen Partner bekommen.

Nr. 15: Durch Lob können Sie Motivation herbeiführen, tragen Sie jedoch nicht zu dick auf, sonst werden Sie schnell unglaubwürdig. Achten Sie darauf, nicht zu pauschal zu loben, sondern beziehen Sie sich auf eine konkrete Leistung, mit der Sie zufrieden sind. Erklären Sie, dass Sie damit zufrieden sind und sich freuen, dass alle Erwartungen wunschgemäß erfüllt wurden. Zerstören Sie das Lob nicht anschließend mit nachträglichen Einschränkungen.

Nr. 16: Verstöße gegen Vorschriften werden oft mit der Frage nach dem Sinn der Vorschrift begründet: "Sie glauben doch nicht wirklich, dass deshalb etwas passiert?" Was Sie als Bauleiter glauben ist in dieser Situation jedoch nicht die Frage. Vorschriften werden von Fachnormenausschüssen verordnet und nicht von Ihnen. Eine Diskussion über die Richtigkeit ist daher bei Ihnen an der falschen Adresse und kommt zu spät. Einwendungen haben nur vor dem Weißdruck der Norm einen Sinn.

Nr. 17: Abweichungen von Vorschriften werden oft über lange Zeiträume mittels "Salami-Taktik" etabliert: Scheibe für Scheibe wird so geringfügig gegen die Vorschrift verstoßen, dass jeder Verstoß für sich allein kein hartes Einschreiten rechtfertigen würde. Ohne es richtig zu merken wird die Salami in hauchdünnen Scheiben verzehrt, d.h. die Vorschrift unterwandert. Korrigieren Sie daher eine bemerkte Unterwanderung sofort und ohne schlechtes Gewissen.

Nr. 18: Diskussionen sind zeitraubend und oftmals erfolglos. Kommentarlose Anordnungen zu Korrekturen und Änderungen führen eher zum Erfolg. Entschuldigen Sie sich nicht für Ihren Wunsch nach Korrektur oder Änderung. Sie kämen in Versuchung Ihr Verlangen zu begründen. Solche Begründungen können aber angezweifelt und zerredet werden.

Nr. 19: Bauen Sie Sympathie und Vertrauen auf, indem Sie Gemeinsamkeiten verdeutlichen: "Mir ist dieser Fehler auch schon mal passiert", "Ich mag diese Verordnung ja auch nicht, aber..." Verwenden Sie das "wir" und zeigen Sie damit, dass Sie dem anderen helfen und dass Sie mit ihm gemeinsam für das gleiche Ziel kämpfen, nämlich für ein einwandfreies Bauwerk. "Wir müssen die Termine halten", "wir müssen die Wünsche des Bauherrn erfüllen". Das zeigt dem anderen, dass er mit Ihrer Unterstützung bei der Erfüllung dieser Ziele rechnen kann.

Nr. 20: Ist Ihr Gegenüber eine streitbare Person, die Anweisungen selten vorbehaltlos ausführt, versuchen Sie Ihr Anliegen mit der maximalen Forderung einzuleiten: Fordern Sie den Abbruch und Neubau der mangelhaften Leistung. Bestehen Sie eine Weile unnachgiebig darauf. Der andere wird Ihnen jetzt Vorschläge unterbreiten, wie der Mangel auch anders behoben werden kann. Wenn der Vorschlag vernünftig ist, lassen Sie sich darauf ein. Ihr Gegenüber wird dies für sich als Gewinn verbuchen - Sie können dies aber auch für sich selbst tun.